1. Mit welchen Problemen bist du in die Beratungsstelle gekommen?
Im August vor drei Jahren kam ich durch meinen damaligen Klassenlehrer ins Mädchenhaus zur Beratung. Ich hatte damals bereits mehrere Therapieanläufe und einen Psychiatrieaufenthalt hinter mir und war buchstäblich am Ende meiner Kräfte, sprich suizidial gefährdet. Mein damaliges Alkohol- und Drogenproblem, die Posttraumatische Belastungsstörung, unter welcher ich aufgrund von jahrelangem Missbrauch, sowie anderer traumatischer Erlebnisse litt, starke psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen und der Hang zur Suizidialität bzw. Autoaggressivität machten mir ein normales Teenagerleben unmöglich. Ich war kaum in der Schule und kämpfte Jahr um Jahr aufs Neue um die Versetzung in die nächsthöhere Stufe. Auch innerhalb der Familie hatte ich mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen, nachdem mein Vater vor 7 Jahren verstarb und sich das Verhältnis zwischen meiner Mutter und mir stetig verschlechterte und vor drei Jahren eigentlich gar nicht mehr bestand. Als ich das erste Mal zur Beratung ins Mädchenhaus kam, stand für mich fest, dass dies der letzte Versuch sein sollte, etwas an meinem Zustand zu ändern. Wäre mir hier nicht so konsequent und kompetent geholfen worden, hätte ich meinem damals elenden Leben sicherlich frühzeitig ein Ende gesetzt.
2. Wie hat sich die Beratung auf dein Leben ausgewirkt?
Mein jetziges Leben lässt sich nur schwer mit meinem Leben vor der Beratung vergleichen. Ich bin in vielerlei Hinsicht ein anderer Mensch geworden, nehme keine Drogen mehr, trinke nur noch eingeschränkt Alkohol, bin mittlerweile weder suizidial noch autoaggressiv. Psychosomatische Beschwerden sind zur Seltenheit geworden und treten nur noch in extremen Stresssituationen auf. Ich habe gelernt mit meiner Vergangenheit umzugehen, vorallem mit dem jahrelangen Missbrauch. Im Frühjahr diesen Jahres mache ich mein Abitur, meine Noten sind seit zwei Jahren sehr gut, von schulischen Problemen kann mittlerweile keine Rede mehr sein. Auch familiär ging es während der zweieinhalbjährigen Beratung stetig bergauf, meine Mutter und ich sind uns heute so nah wie noch nie. Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die Beratung zu einem glücklichen und optimistisch in die Zukunft blickenden Menschen gemacht hat.
3. Was hat dir hier gut getan/Kraft gegeben? Was war von dem, was du hier in der Beratung erfahren hast, für deinen Alltag bedeutsam?
Vorallem die Tatsache, dass sich jemand für meine Probleme interessierte, dass mich jemand ernst nahm und mir immer wieder versicherte, dass ich nicht alleine war mit, dem was ich fühlte und mit dem was ich tat, hat sehr zu meiner 'psychischen Genesung' beigetragen. Ich habe mich immer sehr für mein Verhalten geschämt, dafür dass ich Drogen nahm, dafür dass ich wöchentlich betrunken war und meine Freunde und mich damit regelmäßig in Verlegenheit brachte. Ich fühlte mich immer 'anders', nicht zugehörig und vorallem einsam. Dass dieses Gefühl der Einsamkeit größtenteils Folge meiner traumatischen Kindheitserlebnisse war und dass die psychosomatischen Beschwerden nachlassen würden, wenn ich beginnen würde, mich mit meiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, diese Informationen motivierten mich sehr und hielten mich letztlich am Leben. Die fachlich aber auch emotional hochwertige Beratung im Mädchenhaus half mir, meine Probleme aus einem anderen, objektiveren Blickwinkel zu betrachten, die Gründe für mein Verhalten zu durchschauen und mein Verhalten so Schritt für Schritt zu ändern. Jahrelang aufgestaute Gefühle und unausgesprochene Gedanken und Erinnerungen konnte ich in dem, mir schnell vertraut gewordenen, Mädchenhaus zeigen und aussprechen. Die wöchentlichen Sitzungen wurden so zu einem Ventil, welches Drogen, Alkohol und Autoaggressionen bald ersetzte. Ich lernte mit den Monaten mit mir und meinem Verhalten umzugehen, es zu hinterfragen und zu verstehen - eine Eigenschaft, ein Werkzeug, welches mir bis heute hilft, ein besseres, ausgeglicheneres Leben zu führen.
4. Was war bislang das Wichtigste im Beratungsprozess?
Am Wichtigsten war wohl die Änderung meines selbstzerstörerischen Verhaltens. Um überhaupt mit der Vergangenheit umgehen zu können, ja um überhaupt über die Vergangenheit sprechen zu können, war es nötig, erstmal die Dinge, welche in der Gegenwart schief liefen, zu betrachten, zu verstehen und zu ändern. Von den Drogen und vom Alkohol wegzukommen, den Alltag, vorallem die Schule, wieder in den Griff zu bekommen und neue Zukunftsperspektiven zu schaffen, war ein harter aber notwendiger und sehr wichtiger Prozess im Laufe der Beratung. Erst nachdem diese Hürde genommen war, konnte ich mich innerhalb der Beratung auf die vergangenen traumatischen Erlebnisse konzentrieren.